Edith-Stein-Installation

04.02.2008

Ein Leben voller Brüche

Göttingen (kpg) – Wer war Edith Stein wirklich? Was hat sie gedacht? Was war ihr am wichtigsten im Leben? Eine neue Installation im Wohnheim der katholischen Hochschulgemeinde (khg) in Göttingen setzt sich mit diesen Fragen auseinander. 

Beginnend im Erdgeschoss des Wohnheims folgt der Betrachter treppensteigend dem wechselvollen Leben Edith Steins: Ihrer Kindheit in Breslau, ihrer Studienzeit, die sie zum Teil auch in Göttingen verbrachte, ihrer Zeit als religiös Zweifelnde, ihrer Konvertierung zum Christentum, ihrem Leben im Karmel als Schwester Teresia Benedicta vom Kreuz, schließlich ihrer Deportation und Ermordung in Auschwitz durch die Nationalsozialisten sowie dem Prozess ihrer Selig- und Heiligsprechung. Alle Stationen sind gleich aufgebaut: Auf grauen Tafeln findet der Betrachter die wichtigsten biographischen Daten; eine Fotografie und eigene Zitate von Edith Stein, die zum jeweiligen Lebensabschnitt passen, versuchen, ihrem Wesen und ihren Gedanken auf die Spur zu kommen. 

„Ich habe Edith Stein als einen Menschen mit Brüchen kennen gelernt“, so die Künstlerin Andrea Froneck-Kramer. „Sie war eine klare und strenge Person, sie war eine aufgeklärte Denkerin und trotzdem fromm.“ Über ein Jahr lang hat die 44-jährige Grafikdesignerin aus Homberg an ihrer Installation gearbeitet. Die Fotografien stellte der Karmel „Maria vom Frieden“ in Köln, der Edith Steins Erbe verwaltet, kostenlos zur Verfügung. Die gesammelten Zitate hat sie gemeinsam mit Studierenden der Hochschulgemeinde ausgewählt. Sie zeigen Edith als Philosophin, als Frauenrechtlerin, als religiös Suchende und – mit dem Eintritt in den Karmelitenorden in Köln 1933 – am Ziel ihrer Suche. „Es fiel mir nicht schwer, von zu Hause fort zu gehen“, heißt es da etwa. „Es war die Zeit, in der ich meinen Kinderglauben verlor.“ Und zu einem späteren Zeitpunkt: „Je tiefer jemand in Gott hineingezogen wird, desto mehr muss er in diesem Sinn aus sich herausgehen, das heißt, in die Welt hinein, um das göttliche Leben in sie hineinzutragen.“
Die Installation hat eine Vorgeschichte: 2004 organisierte die katholische Hochschulgemeinde eine Ausstellung über Edith Stein in der Universitätskirche St. Nikolai. Von dieser Ausstellung war ein Besucher so angetan, dass er 1000 Euro spendete mit dem Vorschlag, das Geld für eine bleibende Erinnerung an Edith Stein im studentischen Milieu zu verwenden. Heiner J. Willen, zu dem Zeitpunkt Leiter der khg: „Uns war klar, dass es kein Bild oder eine Statue sein sollte, sondern etwas Künstlerisches, das junge Menschen anspricht.“ 

Dass Edith Stein Studierende auch heute noch anspricht, davon ist auch Froneck-Kramer überzeugt: „Sie ist ein Vorbild. Und ihr Leben hat Brüche.“ Damit könnten sich junge Menschen, deren berufliches Leben nur noch selten kontinuierlich und glatt ablaufe, identifizieren. „Glatt“ oder gar sentimental soll auch die Installation nicht sein. Das zeigt die Auswahl der Zitate und die Anordnung, die sich über mehrere Stockwerke zieht: „Man steigt durch dieses Leben, man muss es sich erarbeiten.“ 

Die Installation zum Leben und Werk Edith Steins ist als Dauerausstellung im Wohnheim der katholischen Hochschulgemeinde Göttingens, Stauffenbergring 4-8, zu sehen.